Personalisierte Darmbakterien können uns alle glücklicher machen

Das Problem der psychischen Gesundheit rückt nach zwei Jahren Pandemie immer mehr in die tägliche Wahrnehmung. Das Basler Start-up plusbiome hat das Ziel, mit personalisierten Probiotika hier eine Lösung zu schaffen. Die Idee klingt einfach: Die psychische Gesundheit mit individuellen Probiotika – mit spezifischen Stämmen lebender Bakterien – zu verbessern.

 

Das Produkt von Julia Biwer und Dr Marc Creus aus Basel klingt auf den ersten Blick eher ungewöhnlich. Die Ökonomin und der Mikrobiologe kamen vor zwei Jahren auf die Idee, personalisierte Darmbakterien zu verkaufen – und sind seit letztem Juni mit plusbiome.com in Basel aktiv. Es geht um die auf die richtigen Probiotika, die bei täglicher Einnahme die mentale Gesundheit fördern können.

„Wir wollen die Menschen glücklicher machen“, sagt Julia Biwer (41). Sie hat Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet im Marketing für internationale Firmen, bevor sie vor elf Jahren nach Basel zog. Ihr Mitgründer Dr Marc Creus (46) ist Mikrobiologe und arbeitet seit über 20 Jahre mit Bakterien.

„Wir haben uns während dem Studium in Cambridge kennengelernt“, sagt Biwer. „Vor 2 Jahren haben wir darüber gesprochen, wie wir beruflich etwas Sinnvolles gestalten können. Daraus ist plusbiome entstanden.“

Forscher untersuchen seit einigen Jahren, wie das bakterielle Leben im Darm die übrigen Vorgänge im Körper beeinflussen kann. Sie beobachten dafür die Zusammensetzung der Darmbakterien, das sogenannte Mikrobiom. Auch die Universitären Psychiatrischen Dienste Basel (UPK) haben mehrere Studien zu diesem Thema durchgeführt. „Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass bestimmte Bakterienstämme bei Depressionen verändert sind und dass Probiotika, wenn sie mit herkömmlichen Antidepressiva kombiniert werden, einen positiven Effekt auf die Stimmung haben können“, sagt Klinikleiterin Prof. Undine Lang in einem Interview mit der Basler Zeitung. Auf welche Weise dies geschieht und welche spezifischen Bakterienstämme für die Wirkung verantwortlich sind, ist jedoch noch nicht genau bekannt.

Es ist also noch viel zu erforschen. Und doch bietet plusbiome bereits personalisierte Probiotika, die auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. „Es ist ja nicht so, dass es noch keine Erkenntnisse gibt“, sagt Biwer. Sie haben die Ergebnisse zahlreicher Studien analysiert und dann eine umfangreiche Datenbank erstellt, die Aufschluss über bestimmte Bakterienstämme und ihre positiven Auswirkungen auf Körper und Geist gibt.

Probiotika, die so genannten „freundlichen Bakterien“, erleben ein Comeback auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit. Wer sich für das Produkt interessiert, kann auf der Website einen Fragebogen mit Angaben zu Stresslevel, Fitness und psychischem Wohlbefinden ausfüllen. Das System empfiehlt dann automatisch eine Mischung von Darmbakterien, die im Monatsabo für 49 Euro erhältlich ist und über kalte Speisen gestreut oder in kalte Getränke eingerührt werden.

Nach dem Motto „Das Beste für deinen Darm ist das Beste für dich“. Biwer ist es jedoch wichtig, dass Probiotika bei einer Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit kein Ersatz für eine Therapie oder Medikamente sein dürfen. „Beim derzeitigen Stand der Forschung können sie unterstützend oder präventiv eingesetzt werden.“ Alle Kundinnen und Kunden von plusbiome können ausserdem die plusbiome App nutzen, um Entwicklungen und Erfolge zu verfolgen.

Ähnlich klingt die Einschätzung der Psychiaterin Prof. Undine Lang. „Wir müssen in einem ersten Schritt beweisen, dass in verschiedenen Studien bei vielen Betroffenen Probiotika eine gute Wirkung haben. Dafür müssen wir auch genauer erforschen, welche Art von Probiotika am besten geeignet sind, um solche Effekte zu erzielen. Erst wenn wir eine solche Evidenz haben, können sie auch als Alternative zu Medikamenten eingesetzt werden. „

Der Darm ist das Zentrum unseres Körpers und damit auch das Zentrum unserer Gesundheit. In unserem Darm laufen viele Prozesse ab, die sich auf unseren gesamten Organismus auswirken, wie Verdauung und Entgiftung.

Was passiert, wenn wir Antibiotika einnehmen oder zu viel Zucker essen? Wir zerstören das Gleichgewicht in unserem Darm, was zu Entzündungen und chronischen Krankheiten führen kann. Die beste Möglichkeit, das Gleichgewicht wiederherzustellen, sind Probiotika.

Biwer berichtet von ihren eigenen Erfahrungen: „Als ich anfing, meine eigenen Probiotika einzunehmen, haben sich sowohl meine Darmgesundheit als auch mein allgemeines Wohlbefinden und meine Stressresistenz deutlich verbessert.“

Wer herausfinden möchte, ob ein Bakterien-Abo für den Darm das Richtige für ihn oder sie ist, muss es selbst ausprobieren. Das Abo kann jederzeit wieder gekündigt werden.

Ausgewählte Referenzen

  • Schaub et al (2022) Translational Psychiatry, 12(1):227
  • «Swiss Corona Stress Study», abgerufen 20. Juli 2022
  • Mikocka-Walus et al (2016) Inflammatory Bowel Diseases, Volume 22, Issue 3: 752–762
  • Li et al (2018) Frontiers in psychiatry, 9, 669
  • Neroni (2021) Sleep Medicine 87, 1e7
  • Noonan et al (2020) BMJ Nutrition, Prevention & Health; 3:e000053
  • Yang et al (2019) Translational Psychiatry, 9:57